Kooperation mit dem Blauen Kreuz und dem Freundeskreis alkoholkranker Menschen

 

In Kooperation zwischen dem Blauen Kreuz, Ortsverein Freiburg, dem Freundeskreis für alkoholkranke Menschen und der Kreuzbundgruppe Titisee-Neustadt fand am 16.07.2018 eine Informationsveranstaltung im Bürgerhaus in Freiburg – Zähringen statt. Diese stand unter dem Leitthema „Du hast das Recht glücklich zu sein“. Eingeladen zu dieser Veranstaltung waren Interessierte, Angehörige und Betroffene suchtkranker Eltern. Die Intention ist hierbei verfolgt worden, die besondere Situation der Kinder und Jugendlichen suchtkranker Eltern in den Mittelpunkt zu stellen.

 

Als Referentin konnte Ingrid Arenz-Greiving aus Münster gewonnen werden. Sie ist ausgebildete Sozialpädagogin, Leiterin eines Instituts für angewandte Suchtforschung und Evaluation und hat mannigfaltige Publikationen über das Leitthema veröffentlicht.

 

Seitens der Veranstalter konnte im dem vollbesetzten Bürgerhaus neben Interessierten auch fachlich versiertes Publikum aus den unterschiedlichsten Einrichtungen der Suchthilfe begrüßt werden.

 

Die thematische Einführung ist durch Ingrid Arenz-Greiving erfolgt. Schätzungen zufolge haben weitere zwei bis drei Millionen Kinder mindestens einen Elternteil, der psychisch erkrankt ist und an Depressionen, Psychosen oder Persönlichkeitsstörungen leidet. Circa 500.000 Kinder wachsen bei einer Mutter oder einem Vater mit schweren psychischen Störungen auf (vgl. Diakonie Texte, 07.2012). Ein erheblicher Teil der betroffenen Mütter und Väter ist an einer Sucht- sowie an einer weiteren psychischen Störung erkrankt. Wegen der hohen Komorbidität von Suchtstörungen und weiteren psychischen Störungen (40 bis 80 Prozent) sind kombinierte, abgestimmte Angebote für Kinder aus allen derartigen Familiensystemen besonders wichtig (Klein, 2010). Die Kinder sind demnach in besonderem Maße gefährdet, eine eigene psychische Erkrankung und Verhaltensauffälligkeiten zu entwickeln. Kinder suchtkranker Eltern haben ein bis zu sechsfach erhöhtes Risiko, selbst eine Abhängigkeitserkrankung zu entwickeln. Das Risiko von Kindern depressiver Eltern, eine affektive Störung zu entwickeln, ist um das Drei- bis Sechsfache höher als bei Kindern mit gesunden Eltern. Bei Eltern mit Angststörungen liegt das Risiko sogar um das Siebenfache höher. Zehn bis 15 Prozent der Kinder mit einem Elternteil, das an einer Psychose leidet, entwickeln später selbst eine Psychose. Wachsen Kinder mit zwei psychotischen Eltern auf, erkranken 35 bis 70 Prozent später an dieser schweren psychischen Störung. Ein Drittel aller Mädchen und Jungen, die in der Kinder- und Jugendpsychiatrie behandelt wurden, haben mindestens einen psychisch erkrankten Elternteil; das heißt aber auch, dass dies bei zwei Drittel der Kinder nicht zutrifft (vgl. Lenz, 2009).[1]

 

Um neben der reinen theoretischen Betrachtungsweise des Leitthemas auch die tatsächlichen Situationen zu vermitteln, ist die Vorführung des Films „Flaschenkinder – Wenn Eltern trinken“ erfolgt. Anhand von drei Fallbeispielen schildert der Film, wie die körperlichen und seelischen Verletzungen zu einer Zerrissenheit der Gefühle führen: Angst und Ablehnung korrespondieren mit Liebe und Loyalität. Persönlichkeitsstörungen sind oftmals die Folge und viele Kinder greifen später selbst zur Flasche.

 

Dieser Film macht deutlich, dass die Probleme der Kinder von Alkoholikern längst nicht beendet sind, wenn der Alkoholiker mit dem Trinken aufhört oder die Kinder aus anderen Gründen nicht mehr direkt konfrontiert sind. Die massiven seelischen Beeinträchtigungen sind auch dann nicht behoben, wenn die Kinder erwachsen geworden sind. Die meisten Betroffenen merken erst im Alter von ca. 30 Jahren, dass mit ihrer Persönlichkeit etwas nicht stimmt.[2]

 

In der anschließenden Podiumsdiskussion mit Betroffenen, Angehörigen und Elternteilen sind die persönlichen Erfahrungen und Erlebnisse geschildert worden. Hierbei ist insbesondere verdeutlicht worden, dass die „Verletzungen“, welche die Kinder und Jugendlichen erfahren, sehr tief gehen und fast niemals verheilen.

 

Im Anschluss an den öffentlichen Teil der Veranstaltung ist die Eröffnung des „Markts der Möglichkeiten“ erfolgt. An Marktständen ist von den unterschiedlichsten Institutionen der Suchthilfe informiert worden. Hier bestand die Gelegenheit mit Betroffenen, die sich in Selbsthilfegruppen engagieren, ins Gespräch zu kommen und mehr über die Angebote der Beratungsstellen für Suchtkranke zu erfahren.

 

Der erfolgreichen Veranstaltung ist eine längere Planungsphase vorangegangen. Hierbei sind die ehrenamtlich Tätigen durch hauptamtliche Kräfte unterstützt und beraten worden. Die Veranstalter haben sich bei den Beteiligten für deren Engagement bei der Vorbereitung und Durchführung bedankt. Namentlich erwähnt wurden insbesondere Natalia Albrecht, kommunale Suchtbeauftragte des Landkreises Breisgau-Hochschwarzwald, Bernarda Deufel vom Selbsthilfebüro Freiburg / Breisgau- Hochschwarzwald Schwarzwald und Tilo Sichler von der AOK Baden-Württemberg.

 

Auch für das kommende Jahr bestehen bereits Ideen und Überlegungen für eine ähnliche Art einer solchen Veranstaltung.

 



[1] Quelle: „Eltern-Kind-Beziehungen im Spannungsfeld zwischen Jugend- und Suchthilfe“ von Ingrid Arenz-Greiving

[2] Quelle: Flaschenkinder - Wenn Eltern trinken“, Produktion: im Auftrag des ZDF, Reihe 37 Grad, 1997, 30 Min.